Initiator & Gründer

Prof. Dr. Maximilian Gege ist Gründungsmitglied und Ehrenvorsitzender von B.A.U.M. e.V. sowie Gründer der Green Growth Futura (GGF) und Initiator des B.A.U.M. Fair Future Fonds. Bis 31. Dezember 2020 war er Vorsitzender von B.A.U.M.. Er bekleidet zahlreiche Funktionen in Beiräten und Jurys. Professor Gege und B.A.U.M. erhielten über 20 nationale und internationale Auszeichnungen (Auszeichnungen Prof. Dr. Maximilian Gege/B.A.U.M.). Seit 2001 ist er Honorarprofessor der Leuphana Universität Lüneburg.

Der Bundesdeutsche Arbeitskreis für Umweltbewusstes Management (B.A.U.M.) e.V. setzt sich seit 1984 für ein verantwortungsvolles Wirtschaften im Sinne eines ökologisch wirksamen, ökonomisch sinnvollen und sozial gerechten Handelns ein. Die B.A.U.M.-Mitgliedsunternehmen bekennen sich zum B.A.U.M.-Kodex für nachhaltiges Wirtschaften als Richtschnur für zukünftiges Handeln. Mit über 550 Mitgliedsunternehmen ist B.A.U.M. heute das größte Unternehmensnetzwerk für nachhaltiges Wirtschaften in Europa.

Durch nachhaltiges Investieren nachhaltige Entwicklung fördern

Interview mit Prof. Dr. Maximilian Gege, Initiator des B.A.U.M. Fair Future Fonds.

Herr Professor Gege, warum ist nachhaltiges Investieren wichtig und welches Ziel verfolgen Sie mit Ihrem Engagement?

Nachhaltiges Investieren ist ein wirksamer Hebel zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung. Es ist von entscheidender Bedeutung, Kapitalmärkte und Finanzströme so umzuleiten, dass nachhaltig wirtschaftende Unternehmen, besonders Mittelständler, auch finanziell gestärkt werden und das Kapital nicht überwiegend in global agierende Großunternehmen investiert wird. Viele Menschen achten im Alltag schon sehr auf eine nachhaltige Mobilität oder beziehen regionale Produkte bzw. Produkthersteller ein. Sie hinterfragen aber oft nicht, wie die Banken mit ihren Einlagen umgehen, „wohin“ investiert wird und ob sich das mit eigenen Überzeugungen deckt.

Durch seine Investitionsentscheidung hat es der Anleger tatsächlich in der Hand, in welche Unternehmen investiert wird und welche Kosten und Provisionen (Transparenzgebot) die Bank bzw. der Finanzdienstleister dafür berechnet. Investitionen können Nachhaltigkeitsaspekte befördern oder – gewiss unwillentlich – ethisch problematische Geschäftsmodelle unterstützen. Sie können Großkonzerne stärken oder innovative Mittelständler, die dem Gebot der Nachhaltigkeit folgen, fördern.

Mit Anlegergeldern können z.B. der Klimaschutz durch erneuerbare Energien und Energieeffizienz vorangetrieben, Gesundheits‐ oder Bildungsprojekte gefördert, nachhaltige Mobilität forciert oder Ressourceneffizienz intensiviert werden. In Deutschland ist jedoch er ein geringer Teil des Vermögens nachhaltig angelegt. Hier muss es dringend mehr Information und Orientierung für private wie institutionelle Anleger, die oftmals alten Strukturen verhaftet sind, im Sinne einer ganzheitlichen Transparenz geben. Nachhaltig-ethisch orientierte Investoren müssen auch von der Anbieterseite aus umfassender und gezielter über Alternativen informiert werden.

Was macht für Sie ein nachhaltiges Investment aus?

Bestimmte Branchen und Produkte lassen sich mit Nachhaltigkeit gar nicht vereinbaren. Dazu gehören Kohleförderung, Ölindustrie, Rüstung, Alkohol und andere Suchtmittel. Außerdem müssen natürlich alle Unternehmen ausgeschlossen werden, die mit Hilfe von Kinderarbeit produzieren, Steuern hinterziehen und Korruption zulassen oder sonst gegen die Menschenrechte verstoßen.

Auch die Geschäftsfelder müssen kritischer als bisher auf konkrete Beiträge zur Erreichung der 17 Sustainable Developement Goals (SDG) der Vereinten Nationen bewertet werden. Was nützt es, wenn große Unternehmen Solarkollektoren installieren, aber permanent neue und schnellebige Produkte – mit immensen Rohstoff‐, Energie‐ und Wasserverbräuchen – entwickeln, produzieren und auf die internationalen Märkte bringen? Wenn die Unternehmen jährlich Milliarden Dollar‐Gewinne erwirtschaften, diese aber durch geschickte steuerliche Optimierungskonzepte nicht ordentlich versteuern, chinesischen Arbeitern Hungerlöhne bezahlen und sie mit hohen Arbeitszeiten belastet?

Was nützt eine Nachhaltigkeitsstrategie bei großen Lebensmittelkonzernen, wenn gleichzeitig Palmöl aus Urwaldzerstörung oder gentechnisch veränderte Zutaten in Schokoriegeln genutzt oder Müllberge aus Kaffee‐Kapseln produziert werden? Oder wenn sich Mineralwasser zum Milliardengeschäft entwickelt und sich ein Unternehmen in den USA, Pakistan, Nigeria u.a. Ländern die Wasserrechte sichert, aber die PET‐Flaschen durch Produktion und Vertrieb dreimal mehr Wasser verschlingen, als die Flasche selbst enthält? Dabei weiß man dort ganz genau, dass schon 2025 ein Drittel unserer Welt von Frischwasserknappheit betroffen sein wird. Experten prognostizieren, dass die Situation sich weiter verschärfen wird und ab 2050 katastrophale Verhältnisse eintreten.

Mir ist aber auch besonders wichtig, dass neben Ausschlusskriterien Positivkriterien ins Spiel kommen. Ein guter Bezugspunkt sind hier die SDG. Ein nachhaltiges Investment sollte mindestens zu einem der 17 SDGs aktiv beitragen, also Armut bekämpfen, zum Klimaschutz beitragen, Biodiversität fördern, Ressourcen schonen usw.

Quelle: F.A.Z., 29.10.2017

Warum investieren generell so wenige Menschen an der Börse ihr Geld in Aktien oder Anleihen?

Nun, unsere Aktienkultur, d.h. das Bewusstsein, mit Aktien seriös Geld verdienen zu können, ist leider nicht besonders ausgeprägt. Es fehlt an grundsätzlichem Wissen, wie die Aktienmärkte funktionieren und was es bedeutet, durch Aktien am Produktivkapital direkt beteiligt zu werden. Unbekannt ist wohl auch, dass zahlreiche gut wirtschaftende Unternehmen Jahr für Jahr hohe Dividenden ausschütten und damit unabhängig von der Kursentwicklung je nach unternehmerischem Erfolg hohe Erträge möglich sind.

Zudem steckt der Börsencrash von 2008 vielen Anlegern noch in den Knochen. Viele Menschen haben in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen mit Aktien oder Anleihen gemacht. Sie wurden leider auch oft nicht optimal beraten. Meiner Ansicht nach ist der Verlust des Vertrauens der Anleger zu ihren Bankberatern ein großes Problem. Zuverlässige, glaubwürdige Information und Orientierung kann hier Abhilfe schaffen und würde auch den Banken selbst helfen, Imagekrisen zu überwinden.

Auch 2016 flossen wieder zwei Drittel des frischen Spargeldes den Banken zu: ein paradoxes Anlegerverhalten. In Nordamerika resultieren drei Viertel des Vermögenszuwachses aus Wertveränderungen, in Europa immerhin noch gut die Hälfte, aber in Deutschland nur ein Viertel. Das heißt, wir Deutschen erarbeiten unser Vermögenswachstum durch hartes Sparen, andere lassen besser ihr Geld für sich mitarbeiten!

Quelle: Börse Online, 14.6. – 21.6.2017

Muss man bei einem Fonds, der vor allem in nachhaltige Unternehmen investiert, nicht mit einer schlechteren Performance rechnen?

Nein, ganz und gar nicht. Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass dies nicht der Fall ist. Nachhaltige Aktienwerte haben sich in der Vergangenheit besser oder mindestens gleich gut entwickelt wie Werte, die keine Nachhaltigkeitsgesichtspunkte beachten. Auch die sogenannten Nebenwerte weisen in vielen Fällen eine hervorragende Performance auf. Heute liegen aber 2.800 Mrd. Euro zu Nullzins auf Sparbüchern, Tagesgeldkonten usw., so dass viele Anleger, vor allem jüngere, geradezu in die Altersarmut getrieben werden. Ihr Kapital reduziert sich durch Inflation und Nullzins, statt sich zu verdoppeln oder zu verdreifachen, was in 30 Jahren absolut realistisch wäre, besonders durch ein nachhaltig ausgerichtetes Aktiendepot und so gegebener Beteiligung an exzellenten Sachwerten bzw. Produktivkapital.

Es gibt schon viele Nachhaltigkeits‐Fonds auf dem Markt. Warum planen Sie ein nachhaltiges Aktivdepot?

Der Begriff Nachhaltigkeits‐Fonds oder auch Ethik‐Fonds ist nicht geschützt. So tummeln sich unter dieser Bezeichnung viele Angebote, die nichts mit Nachhaltigkeit zu tun haben und z.B. die oben genannten Branchen nicht kategorisch ausschließen. Bei nachhaltig orientierten Geldanlagen bedarf es langer Erfahrung und fachlicher Kompetenz, besonders aber klarer Konsequenz nicht nur in Bezug auf die Finanzwirtschaft, sondern auch beim Nachhaltigkeitsmanagement. Unser Konzept will dazu beitragen, dass wesentlich mehr finanzielle Mittel als bisher in mittelständische Unternehmen mit klarer Zukunftsorientierung und nachhaltigen Geschäftsmodellen sowie ökonomischer Tragfähigkeit fließen.

Auf der Basis unserer kritischen Analysen haben wir deshalb ein nachhaltiges Anlageuniversum entwickelt, das primär auf mittelständischen, nachhaltig erfolgreichen Unternehmen beruht. Dabei handelt es sich oft um familiengeführte Unternehmen, oft um Hidden Champions, aber immer um Unternehmen, die einen konkreten Beitrag zu einer etwas bessere Welt leisten: in den Bereichen Klimaschutz, Erneuerbare Energien/Energieeffizienz, nachhaltige Mobilität, Digitalisierung/Künstliche Intelligenz, Cyber Security, Ressourcenschutz, Wasser, Biodiversität, Armutsbekämpfung oder Gesundheit. Wir legen die Kriterien des DNK zugrunde und praktizieren ein klares 100‐prozentiges Ausschlussverfahren, also nicht wie bei zahlreichen Fonds mit fragwürdigen Beimischungen, etwa mit Werten aus der Rüstungs-, Kohle- oder Ölindustrie etc.

Wie kann es gelingen, Anlegern die Potenziale des nachhaltigen Investierens deutlicher zu machen?

Es geht jetzt darum, dieses Konzept in eine breite Öffentlichkeit zu kommunizieren und die enormen Vorteile zu verdeutlichen. Viele NGOs wie z.B. WWF, NABU, Greenpeace und BUND, aber auch Oxfam, Südwind, Urgewald u.a. – auch B.A.U.M. – leisten bereits wichtige Aufklärungsarbeit, ebenso Vertreter von Kirchen, Stiftungen, Verbänden, aber auch Ökobanken wie unsere langjährigen Mitglieder GLS Bank, UmweltBank oder Steyler Bank sowie Vermögensverwaltungen. Es ist wie bei anderen nachhaltigen Produkten auch: Steigt die Nachfrage der Kunden nach solchen Investments, wird auch das Angebot steigen. Bankberater, Family Offices, Vermögensverwaltungen, Stiftungen, Sozialpartner, aber auch die Bundesländer und der Staat sind letztendlich in der Pflicht, viel mehr als bisher nachhaltige Investments mit in ihr Portfolio aufzunehmen.

Was fordern Sie von der Politik, um nachhaltiges Investment zu stärken?

Anlässlich von Deutschlands G20‐Präsidentschaft hat B.A.U.M. einen offenen Brief mit unterzeichnet, den das Forum Nachhaltige Geldanlagen gemeinsam mit den Verbänden CRIC, ÖGUT und oekofinanz‐21 initiiert hatte. Der Brief an den damaligen Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble und Bundesbankpräsident Dr. Jens Weidmann forderte dazu auf, die Finanzwirtschaft für die SDG fit zu machen, hierfür eine internationale Strategie zu initiieren und zeitnah konkrete Maßnahmen umzusetzen. Dies sind nach wie vor wichtige Forderungen. Ich hoffe, die Bundesregierung geht dieses Thema in der 19. Legislaturperiode an.

Wir werden uns dazu weiter sehr aktiv engagieren und Unternehmen auf erfolgreiche nachhaltige Entwicklungen analysieren und bewerten.

Disclaimer

Hinweise auf Unternehmen sind beispielhaft, plakativ, nicht vergleichend gemeint und journalistischer Natur. Sie erfolgen nicht aus eingehender Bewertung, die im Detail offenstehend ist, sondern dienen reinen redaktionellen Darstellungen und Zusammenhängen im Rahmen des Interviews.